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Freitstellung / Arbeitsbefreiung

FREISTELLUNG / ARBEITSBEFREIUNG – BETRIEBSRATSARBEIT INNDERHALB DER ARBEITSZEIT

Was ist der Unterschied zwischen Freistellung und Arbeitsbefreiung?

Freistellung meint die dauerhafte allgemeine Entbindung eines Betriebsratsmitgliedes von der Erbringung der arbeitsvertraglichen geschuldeten Arbeitsleistung, um Betriebsratsaufgaben zu erledigen.

Arbeitsbefreiung ist dagegen die zeitweilige Befreiung von der beruflichen Tätigkeit zu anlassbezogener Durchführung von Betriebsratsaufgaben, welche das Arbeitsversäumnis erforderlich machen.

Wann ist Betriebsratsarbeit zu erledigen?

Hat Betriebsratsarbeit immer Vorrang vor der beruflichen Tätigkeit?

Im Grundsatz sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebes zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist, BAG v. 27.6.1990 – 7 ABR 43/89. Die Arbeitsbefreiung von der beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgeltes ist mithin zu bejahen, sofern die Arbeitsbefreiung der Durchführung von Amtsobliegenheiten des Betriebsrates dienen und zudem die Arbeitsbefreiung zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist.

Nur im Einzel- und damit auch Ausnahmefall können der erforderlichen Betriebsratstätigkeit ausnahmsweise dringendere betriebliche Gründe entgegenstehen. Diese müssen jedoch einer betrieblichen Notsituation entsprechen. Diskutiert wurde eine solche betriebliche Notsituation im Zusammenhang mit der Einweisung an einer Schweissanlage durch den Hersteller der Anlage.

Wann ist Betriebsratsarbeit „erforderlich“?

Die Erforderlichkeit – und damit die Erforderlichkeit der Arbeitsbefreiung der einzelnen Betriebsratsmitglieder – ergibt sich zum Teil direkt aus dem Gesetzt: Betriebsratssitzungen sind während der Arbeitszeit durchzuführen, § 30 S.1 BetrVG, dies gilt ebenso für die Ausschüsse des Betriebsrates, den Sitzungen des Gesamtbetriebsrates, Konzernbetriebsrates und vom Wirtschaftsausschuss. Auch die Teilnahme an Betriebs- und Abteilungsversammlungen, die Teilnahme von Betriebsratsmitglieder – soweit diese dazu berechtigt sind – an den Sitzungen der JAV der an Sitzungen des Sprecherausschusses für leitende Angestellte ist erforderlich.

Auch die Vorbereitung von Betriebsratssitzungen ist grundsätzlich erforderlich. Die Erforderlichkeit ist mithin immer auch von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig. Entscheidend ist, dass ein Betriebsratsmitglied bei gewissenhafter Überlegung und bei ruhiger, vernünftiger Würdigung aller Umstände die konkrete Arbeitsversäumnis für erforderlich halten dufte, um die Aufgaben entsprechend zu erfüllen.  Es besteht mithin ein Beurteilungsspielraum des einzelnen Betriebsratsmitgliedes.

Wie melde ich mich beim Arbeitgeber ab?

Das einzelne Betriebsratsmitglied muss sich bei seinem jeweiligen Vorgesetzten zur Betriebsratstätigkeit abmelden, mitteilen wir lang die Abwesenheit voraussichtlich dauern wird und nach Ende der Betriebsratstätigkeit wieder zurück melden, BAG 7 ABR 135/09. Der Arbeitgeber muss dem nicht zustimmen. Ihm muss nicht mitgeteilt werden, welche konkrete Betriebsratstätigkeit erledigt wird.

Wie wird die Betriebsratstätigkeit vergütet?

Genau genommen gar nicht. Das Betriebsratsamt ist ein Ehrenamt und wird unentgeltlich ausgeübt, § 37 ABs.1 BetrVG. Jedoch sollen dem Betriebsratsmitglied auch keine Nachteile dadurch entstehen, dass es ganz oder teilweise seiner beruflichen Tätigkeit nicht nachgeht. Daher hat das  Betriebsratsmitglied hat während der Ausübung der Betriebsratstätigkeit Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes. Der Arbeitgeber hat das zu zahlen, was das Betriebsratsmitglied erzielt haben würde, wenn es gearbeitet hätte (Lohnausfallprinzip). Zum zu zahlenden Arbeitsentgelt gehören somit grundsätzlich auch Nebenbezüge wie Erschwernis- und Schmutzzulagen oder Zuschläge für Nachtarbeit oder spätöffnungsbedingte Zuschläge.

Sofern der Arbeitgeber in Frage stellt, dass das Betriebsratsmitglied erforderliche Betriebsratstätigkeit erledigt hat, gilt im Rahmen der Lohnfortzahlung eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Das Betriebsratsmitglied muss auf Verlangen zumindest stichwortartig Auskunft über den Inhalt der Betriebsratstätigkeit geben. Ist der Arbeitgeber dann noch immer der Auffassung, dass diese nicht erforderlich war, muss er substantiiert die Gründe dafür darlegen.

Was gilt für Betriebsratstätigkeit außerhalb der individuellen Arbeitszeit?

Das Betriebsratsmitglied hat einen Anspruch auf Freizeitausgleich, wenn Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt wurde, nicht aber, wenn dies aus betriebsratsbedingten Gründen geschieht, BAG 1 AZR 477/73. Der Freizeitausgleich muss – ohne Höchstgrenze – die Stunden umfassen, in denen das Betriebsratsmitglied in seiner Freizeit tätig gewesen ist. Der Freizeitausgleich muss unverzüglich vom Betriebsratsmitglied geltend gemacht werden und ist innerhalb eines Monats vom Arbeitgeber zu gewähren, § 37 Abs.3 BetrVG. Wird der Freizeitausgleich nicht innerhalb eines Monats gewährt, so wandelt sich der Freizeitausgleich in einem Abgeltungsanspruch um, § 37 Abs.3 S.3 BetrVG. Die in der Freizeit aufgewendete Zeit ist wie Mehrarbeit zu vergüten, d.h. ggf. auch mit entsprechenden Zuschlägen für Mehrarbeit

Was sind betriebsbedingte, was betriebsratsbedingte Gründe?

Betriebsbedingte Gründe sind:

Unterschiedliche Arbeitszeiten (Schichten) der einzelnen Betriebsratsmitglieder

Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat dauern über das Ende der persönlichen Arbeitszeit an

Arbeitgeber legt kurzfristig eine Angelegenheit vor, welche ein Tätigwerden des Betriebsrates erfordert

Betriebsratsbedingte Gründe sind:

Betriebsratsmitglied unterbricht seinen Urlaub, um an der Betriebsratssitzung teilzunehmen

Betriebsratsmitglied führt Betriebsratsaufgaben aus persönlichen Gründen außerhalb der Arbeitszeit durch, beispielsweise Vorbereitung auf die Betriebsratssitzung.

Wann erfolgt eine Freistellung?

Eine allgemeine Freistellung ist abhängig von der Betriebsgröße, § 38 Abs.1 BetrVG. Ab einer Betriebsgröße von mindestens 200 Beschäftigten ist mindestens ein Betriebsratsmitglied voll von der Erbringung seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung freizustellen. Die volle Freistellung kann auch als Teilfreistellungen erfolgen, beispielsweise Aufteilung auf verschiedene Betriebsratsmitglieder. Das freizustellende Betriebsratsmitglied wird nach Beratung mit dem Arbeitgeber allein vom Betriebsrat in geheimer Wahl gewählt, § 38 Abs.2 BetrVG.