- Umgruppierung
- Versetzung
- Arbeitszeit
- Beschlussfassung
- Betriebsratsseminar
- Betriebsratsvorsitzender: Stellung und Aufgaben
- Freitstellung / Arbeitsbefreiung
- Entgelt
- Gesamtbetriebsrat
- Gesundheitsschutz
- Interessenausgleich / Sozialplan
- Kündigung
- Konzernbetriebsrat
- Personelle Angelegenheiten
- Wirtschaftsausschuss
- Einigungsstelle: Was leistet die innerbetriebliche Schlichtungsstelle?
- Sozialplan – Alle Informationen auf einen Blick!
- Sozialauswahl – Wer darf bleiben und wer muss gehen bei einer betriebsbedingten Kündigung?
- Wirtschaftliche Angelegenheiten
- Betriebsvereinbarung – ein Überblick
- Betriebsausschuss
- Soziale Angelegenheiten
- Eingruppierung
- Einstellung
- Informationsanspruch
- Sachmittel
GESAMTBETRIEBSRAT – WIE WIRD ER ERICHTET UND FÜR WAS IST ER ZUSTÄNDIG?
Allgemeines
Der Gesamtbetriebsrat ist die betriebsübergreifende Arbeitnehmervertretung innerhalb eines Unternehmens mit eigener Zuständigkeit. Er ist den Betriebsräten jedoch nicht übergeordnet. Der Gesamtbetriebsrat ist so wie auch die einzelnen Betriebsräte des Unternehmens ein eigenständiges Gremium.
Wann ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten und für welche Dauer?
Ein Gesamtbetriebsrat ist zu errichten, wenn in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte bestehen, § 47 Abs. 1 BetrVG. Die Errichtung des Gesamtbetriebsrates ist zwingend vorgeschrieben. Zuständig für die Errichtung ist der Betriebsrat der Hauptverwaltung des Unternehmens oder wenn ein solcher nicht besteht, dann der Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebes, § 51 Abs. 2 BetrVG.
Anknüpfungspunkt für den Gesamtbetriebsrat ist der Begriff des Unternehmens und nicht des Betriebes, d.h. Anknüpfungspunkt ist der sogenannte Rechtsträger (beispielsweise AG, GmbH, OHG, KG). Ein Unternehmen liegt vor, wenn der Träger der einzelnen Betriebe eine einheitliche Rechtspersönlichkeit darstellt und eine einheitliche und selbständige Organisation vorliegt (BAG 7 ABR 49/87). Der Bestand des Gesamtbetriebsrates ist vom Bestand des Unternehmens abhängig. Der Gesamtbetriebsrat ist eine Dauereinrichtung ohne eine Amtszeit wie sie die Betriebsräte kennen. Der Gesamtbetriebsrat besteht über Wahlperioden der einzelnen Betriebsräte hinaus fort. Die Amtszeit des Gesamtbetriebsrates endet folglich mit dem rechtlichen Untergang des Unternehmens. Davon ist zu unterscheiden eine Umwandlung zu unterscheiden, beispielsweise in Form einer Verschmelzung.
Wer ist im Gesamtbetriebsrat tätig?
Die Errichtung des Gesamtbetriebsrates erfolgte durch die Entsendung von Mitgliedern durch die einzelnen Betriebsratsgremien, § 47 Abs. 2 BetrVG. Der Gesamtbetriebsrat wird im Gegensatz zum Betriebsrat nicht durch die Wahlberechtigten Arbeitnehmer gewählt. In den Gesamtbetriebsrat entsenden die Betriebsratsgremien mit bis zu 3 Mitgliedern jeweils eines ihrer Mitglieder, Betriebsräte mit mehr als 3 Mitgliedern entsenden 2 Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat. Der Beschluss zur Entsendung ist mit einfacher Mehrheit für jedes Mitglied zu fassen. Die Geschlechter sollen angemessen berücksichtigt werden, jedoch ist dies nicht zwingend. Diese entsandten Mitglieder sind dann einerseits Mitglieder des Betriebsrates, für den sie gewählt wurden, als auch Mitglieder des Gesamtbetriebsrates, in denen sie entsandt wurden. Für jedes entsandte Mitglied wird ein Ersatzmitglied bestellt. Aus der Entsendung der Mitglieder aus dem jeweiligen Betriebsrat in den Gesamtbetriebsrat ergibt sich automatisch die Mitgliedergröße des Gesamtbetriebsrates. Nach jeder Neuwahl auf Betriebsratsebene sind durch Beschluss erneut Betriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat zu entsenden.
Welche Besonderheit gilt bei der Beschlussfassung?
Auch der Gesamtbetriebsrat handelt im Rahmen seiner gefassten Beschlüsse. Die Beschlussfassung erfolgt nicht durch die Mehrheit von „Köpfen“ sondern durch die Stimmengewichtung jedes einzelnen Gesamtbetriebsratsmitgliedes. Die Stimmengewichtung hängt von der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer im Betrieb, für die das Betriebsratsmitglied gewählt wurde ab, § 47 Abs. 7 bis 9 BetrVG. Wird ein Betriebsratsmitglied entsandt, so trägt dieses als „Stimmenrucksack“ die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer im entsendeten Betrieb mit sich. Werden aus einem Betrieb 2 Betriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat entsandt (§ 47 Abs. 2 BetrVG), so haben diese hälftig die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer im entsendeten Betrieb in ihrem „Stimmenrucksack“.
Wofür ist der Gesamtbetriebsrat zwingend zuständig?
Der Gesamtbetriebsrat ist den einzelnen Betriebsratsgremien weder über- noch untergeordnet, § 50 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat sind zwei verschiedene eigenständige Gremien. Sofern der Gesamtbetriebsrat zuständig ist, so entfällt die Zuständigkeit des Betriebsrates und umgekehrt ebenso. Der Gesetzgeber hat in § 50 Abs. 1 BetrVG die originäre Zuständigkeit geregelt. Diese ist gegeben, wenn:
Es eine Angelegenheit des Gesamtunternehmens oder mehrere Betriebe eines Unternehmens betrifft und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden kann.
Es muss sich mithin um Maßnahmen mit betriebsübergreifender Auswirkung handeln, d.h. eine sogenannte überbetriebliche Angelegenheit muss geregelt werden und zudem muss zwingend (aus objektiven oder subjektiven Gründen) eine einheitliche Regelung erforderlich sein.
Bei den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates in sozialen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG ist im Regelfall der Betriebsrat zuständig, da diese Maßnahmen konkret betriebsbezogen sind und nur selten eine zwingende sachliche Notwendigkeit für eine gemeinsame Regelung besteht (beispielsweise für Arbeitszeitfragen). Eine unternehmensübergreifende einheitliche Regelung und damit die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates ist jedoch beispielsweise in folgenden Fällen denkbar:
- Einführung eines zwingend unternehmenseinheitlichen EDV-Systems
- Einführung einer unternehmenseinheitlichen Altersversorgung
- Aufstellen von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung neuer Entlohnungsmethoden wenn es sich um ein unternehmenseinheitliches Vergütungssystem handelt und eine einheitliche Regelung wegen des Gebots der Gleichbehandlung zwingend erforderlich ist
- Neue Regelung einer das gesamten Unternehmen betreffenden Provisionsregelung
Der Gesamtbetriebsrat ist nicht zuständig für personelle Angelegenheiten wie Versetzung und Kündigungen. Eine Zuständigkeit ist jedoch anzunehmen bei der Aufstellung von unternehmenseinheitlichen Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG, Personalfragebögen oder einheitlichen Beurteilungsgrundsätzen. Zuständigkeiten des Gesamtbetriebsrates können sich auch im Hinblick auf die Ausschreibungen von Arbeitsplätzen aufgrund unternehmenseinheitlicher Personalplanung nach § 93 BetrVG ergeben, ebenso die Mitwirkungsrechte bei Berufsbildungsmaßnahmen nach § 98 BetrVG.
Im Bereich der wirtschaftlichen Angelegenheiten ist die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates insbesondere bei Betriebsänderungen, §§ 111 ff. BetrVG denkbar. Dies jedoch auch nur dann, wenn die Maßnahme das ganze Unternehmen oder mehrere Betriebe des Unternehmens betrifft und sie notwendigerweise einheitlich geregelt werden müssen. Dies ist beispielsweise der Fall bei der Zusammenlegung mehrerer Betriebe oder Stilllegung aller Betriebe des Unternehmens.
Ist diese originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates nach § 50 Abs. 1 BetrVG gegeben, so erfasst die Regelungskompetenz des Gesamtbetriebsrates auch betriebsratslose Betriebe die zum Unternehmen gehören.
Was ist die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates kraft Auftrag?
Neben dem vorstehenden zur originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates kann dieser jedoch auch von den einzelnen Betriebsräten nach § 50 Abs. 2 BetrVG für andere Angelegenheiten beauftragt werden. Erforderlich hierfür ist ein einfacher Mehrheitsbeschluss des Betriebsrates, der sich dabei auch die Entscheidungsbefugnis vorbehalten kann. Der Betriebsrat kann mithin den Umfang der Beauftragung bestimmen und den Gesamtbetriebsrat ermächtigen die Behandlung der Angelegenheit in vollem Umfang zu erledigen oder lediglich zu verhandeln, jedoch eine entsprechende Vereinbarung nicht abschließen zu dürfen. Lehnt der Gesamtbetriebsrat die Vereinbarung für den Betriebsrat nach § 50 Abs. 2 BetrVG ab so liegt keine Gesamtbetriebsvereinbarung sondern eine Betriebsvereinbarung vor.